Weil es von offizieller Seite keine Geografien (Shapefile, GeoJson etc.) der historischen Bundestags-Wahlkreisgrenzen vor 1998 gibt, hat sich Zeit Online daran gemacht, diese zu erstellen. Das Resultat davon wird in diesem Repository veröffentlicht. Nachfolgend ist der Prozess umrissen, wie dies genau geschieht. Die Daten wurden am 12. Februar 2025 in diesem Artikel auf Zeit Online veröffentlicht. Die Daten wurden außerdem am Wahltag (23. Februar) in den 299 Wahlkreis-Seiten (Bsp) als Liniendiagramm veröffentlicht.
- data
Historische Wahlkreisergebnisse, Quelle: Bundeswahlleiterin - images
Ausgangsmaterial, Quellen siehe Tabelle unten - shapes_2025
Wahlkreisgrenzen von 2025, Quelle: Bundeswahlleiterin - zensus-2022-geocute-pointcloud.bin.br
Bevölkerungszahlen in 100m-Gitterzellen, Quelle: Zensus 2022 - shapes_historical
Historische Wahlkreisgrenzen als Shapefile und GeoJson (Schritte 1-8) - geocute_results
Umrechnungstabellen von historischen auf aktuelle Wahlkreisgrenzen (Schritt 9)
Jahr | Quelle 1 | Quelle 2 |
---|---|---|
1949 | Wikipedia | Wahlen in Deutschland |
1965 | Wikipedia | Wahlen in Deutschland |
1976 | Wikipedia | Wahlen in Deutschland |
1980 | Wikipedia | Wahlen in Deutschland |
Für die Jahre 1998 und fortfolgend gibt es die Wahlkreisgrenzen auf der Website der Bundeswahlleiterin als Shapefile zum Download. Sie liegen im Ordner shapes_historical.
Für die Wahljahre 1990 und 1994 haben wir das Shapefile für das Wahljahr 1998 genommen und sind die Veränderungen, die auf Wikipedia beschrieben werden (für 1990, für 1994) durchgangen und haben die Polygone von Hand abgeändert. Anschließend haben wir die Dateien ebenfalls in shapes_historical abgelegt.
- Bilder von Wikipedia (siehe Tabelle unten) heruntergeladen
- Mittels GIMP Bilder auf Wahlkreisgrenzen reduziert (schwarze Pixel) reduziert (alle anderen Pixel transparent) und sichergestellt, dass sie genug dick sind (dupliziert und um 1px verschoben)
👉🏼 Resultat liegen im Ordner images - Bilder in QGIS georeferenziert und als Rasterdaten (GeoTif) gespeichert
- Rasterdaten mittels GRASS (
r.thin
mit 250 Iterationen undr.to.vect
mit output type „line“) in Linien umgewandelt - Bundesländergrenzen als Linien ergänzt und Linien aus Schritt 4 so angepasst, dass vollständig geschlossene Flächen entstehen
- Mittels QGIS polygonisiert, Kleinstflächen von Hand korrigiert
- Wahlkreisnummern in QGIS anhand der Nr-Bilder im Ordner images hinzugefügt (Quelle: Wahlen in Deutschland per Mail)
- Als Shapefile und GeoJson exportiert
👉🏼 Resultat liegt im Ordner shapes_historical.
In den weiteren Schritten werden auch die Dateien für die Wahljahre ab 1990 miteinbezogen. - Mittels Geocute Umrechnungstabellen erstellt (siehe run_geocute.sh)
👉🏼 Resultat liegt im Ordner geocute_results - Historische Ergebnisse (Quelle: Bundeswahlleiterin, liegen im Ordner data) einlesen und mittels Geocute-Tabellen auf neuste Wahlkreisgrenzen (liegen im Ordner shapes_2025) umrechnen (siehe main.R)
Das Ergebnis dieses Prozesses liegt in dieser Datei:
Sie liegt als CSV und RDS (R data serialized) vor und beinhaltet folgende Spalten:
Spaltenname | Typ | Beschreibung |
---|---|---|
jahr | integer | Das Wahljahr |
wahlkreis_nr | integer | Die Wahlkreisnummer im Jahr 2025 |
wahlkreis_name | character | Der Wahlkreisname im Jahr 2025 |
partei | factor | Partei-Kürzel (siehe parteien.tsv) |
stimmen | integer | Anzahl Stimmen der Partei im angegebenen Wahljahr |
anteil | double | Anteil der Partei an den gültigen Stimmen |
wahlberechtigte | integer | Anzahl Wahlberechtigte im Wahljahr |
waehlende | integer | Anzahl Wählende im Wahljahr |
gueltige | integer | Anzahl gültige Stimmen im Wahljahr |
ungueltige | integer | Anzahl ungültige Stimmen im Wahljahr |
keys_hist | character | Wahlkreisnummern, die damals (im Wahljahr) in der heutigen (2025) Wahlkreisnummer lagen, kommagetrennt |
fractions | character | Anteil der eben genannten damaligen Wahlkreise am heutigen (2025) Wahlkreis, kommagetrennt |
Der beschriebene Prozess hat Ungenauigkeiten an verschiedenen Stellen:
- Im Geocute-Schritt gehen wir implizit davon aus, dass die geografische Verteilung der Wählenden zum Zeitpunkt der historischen Wahl genau gleich ist wie im Jahr 2022. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall. Gemeinden und Stadtteile innerhalb eines Wahlkreises können seit 1949 stark gewachsen oder stark geschrumpft sein. In dem Fall würden die Anteile in der Spalte
fractions
nicht die Realität wiedergeben. - In den Gitterzellen des Zensus sind sowohl Personen unter 18 Jahren als auch ausländische Staatsangehörige enthalten. Eine Gitterzelle mit hunderten Personen fällt entsprechend stark ins Gewicht, auch wenn womöglich viele von ihnen nicht wahlberechtigt sind.
- Die Wahlkreisgrenzen lagen lediglich als Pixelgrafiken vor. Wir gehen davon aus, dass diese wiederum auf Scans aus Büchern basieren. Die Projektion dieser Karten war uns unbekannt. Dies führte dazu, dass die Georeferenzierung unpräzise war. Die vektorisierten Grenzen weichen deshalb von den tatsächlichen Grenzen teilweise um einige hundert Meter – manchmal auch wenige Kilometer ab. In Städten können so schonmal einige tausend Wählende dem falschen Wahlkreis zugeschlagen werden. In dünn besiedelten Gebieten fällt dieser Effekt geringer aus.
- Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Pixelgrafiken Fehler enthielten und entweder eine Wahlkreisnummer vertauscht wurde oder die Grenze in der Realität anders verlief.
Trotz alledem war dies der beste uns zugängliche Prozess, um historische Wahldaten auf aktuelle Grenzen umzurechnen. Verbesserungsvorschläge nehmen wir gerne entgegen – gerne auch direkt per Pull-Request.
- CDU und CSU werden unter dem Kürzel
union
zusammengefasst, Bündnis90 und die Grünen untergruene
und die PDS und die Linke alslinke
. - Keine weiteren Parteien werden gruppiert/addiert. Eine Zuordnungstabelle mit deren Kürzeln und den entsprechenden Spaltennamen in den Originaldateien befindet sich in parteien.tsv. Darin enthalten sind nur Kleinparteien, die 6 großen (Union, AfD, SPD, Grüne, Linke, FDP) werden nicht nochmal ausgewiesen.
- Die DDR ist nicht in den Daten enthalten. Für die Jahre vor 1990 nutzen wir deshalb für die Umrechnung (Schritt 9) eine Datei der 2025er-Grenzen ohne Ostdeutschland.
- Für das Jahr 2021 gab es eine offizielle Umrechnung der Werte von der Bundeswahlleiterin. Wir haben unsere Berechnungen im Resultat mit den offiziellen Zahlen ersetzt.
- Westberlin nahm bis 1990 nicht an Bundestagswahlen teil.
- Das Saarland trat erst 1957 der Bundesrepublik Deutschland bei. Entsprechend gab es davor dort keine Bundestagswahl. In der ersten Wahl traten CDU und CSU beide gegeneinander an. Dies war in keinem anderen Bundesland jemals der Fall. Wir rechnen die Zahlen beider Parteien zusammen.
- Wir haben auch die Erststimmen mit demselben Prozess umgerechnet. Da es sich dabei um Personenwahlen handelt, ist diese Umrechnung allerdings nicht sinnvoll und die Erststimmen sind nicht im Resultat enthalten.
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