diff --git a/.gitignore b/.gitignore index f2c641b..9257489 100644 --- a/.gitignore +++ b/.gitignore @@ -34,4 +34,5 @@ Temporary Items stuff env drafts -output \ No newline at end of file +output +public \ No newline at end of file diff --git a/config.toml b/config.toml index 3cbb42b..da45281 100644 --- a/config.toml +++ b/config.toml @@ -19,6 +19,8 @@ feed_filenames = ["atom.xml"] # Whether to do syntax highlighting # Theme can be customised by setting the `highlight_theme` variable to a theme supported by Zola highlight_code = true +external_links_no_follow = true +external_links_no_referrer = true [languages.de_DE.translations] site = "Seite" diff --git a/content/2024-06-20_ypi.md b/content/2024-06-20_ypi.md index 0175856..de87597 100644 --- a/content/2024-06-20_ypi.md +++ b/content/2024-06-20_ypi.md @@ -4,10 +4,10 @@ slug = "what-can-i-know" date = 2024-06-30T09:42:00Z +++ -in der schule haben wir uns irgendwann mal mit kant beschäftigt, sind aber kaum über "aufklärung ist der aufgang des menschen aus seiner selbstverschuldeten unmündigkeit" hinausgekommen. dieser satz und "was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu" sind alles, was ich zu kant weiß. +in der schule haben wir uns irgendwann mal mit kant beschäftigt, sind aber kaum über „aufklärung ist der aufgang des menschen aus seiner selbstverschuldeten unmündigkeit“ hinausgekommen. dieser satz und „was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu“ sind alles, was ich zu kant weiß. ![](/2024/what-can-i-know/ypi-what-can-i-know.jpeg) gestern war ich auf der ersten von drei veranstaltungen der [diesjährigen benjamin lectures](https://criticaltheoryinberlin.de/benjamin_lectures/what-is-moral-socialism/) von [lea ypi](https://de.wikipedia.org/wiki/Lea_Ypi) zu der frage "was ist moralischer sozialismus?". gefühlt habe ich, wahrscheinlich auch aufgrund meines mangelnden vorwissens, nur einen bruchteil verstanden, aber es war interessant. wenn ich es richtig verstanden habe, geht es sozialismus und moral. dass es grundlegend wichtig ist, wie man ihn erreicht. -auch wenn die drei leitfragen des jeweiligen abends "was kann ich wissen?", "was soll ich tun?" und "was darf ich hoffen?" von kant kommen, wie ich gelernt habe, musste ich bei ihnen spontan eher an "vergangenheit", "gegenwart" und "zukunft" denken. \ No newline at end of file +auch wenn die drei leitfragen des jeweiligen abends „was kann ich wissen?“, „was soll ich tun?“ und „was darf ich hoffen?“ von kant kommen, wie ich gelernt habe, musste ich bei ihnen spontan eher an „vergangenheit“, „gegenwart“ und „zukunft“ denken. \ No newline at end of file diff --git a/content/2024-07-08_supercoop.md b/content/2024-07-08_supercoop.md new file mode 100644 index 0000000..8826942 --- /dev/null +++ b/content/2024-07-08_supercoop.md @@ -0,0 +1,16 @@ ++++ +title = "Super Markt" +slug = "super-markt" +date = 2024-07-08T09:57:00Z ++++ + +Freitag war ich auf dem [#GenoDigital Barcamp 2024](https://genossenschaften.digital/barcamp-2024), einem Barcamp zum Thema Genossenschaften. Zwar weiß ich immer noch nicht, wie diese Flughöhe zu mir passt, aber es war eine schöne Veranstaltung, gutes Essen, nette Leute, [großartige Location](https://chaos.social/@zeitschlag/112734078670301702) bei der _taz_. + +Beim Mittagessen kamen wir irgendwie auf das Thema [SuperCoop](https://supercoop.de) zu sprechen, ein genossenschaftlicher Supermarkt. Letztens gab es erst [einen Artikel im _nd_](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183362.genossenschaftlicher-supermarkt-supercoop-im-wedding-weg-von-psychologiepreisen.html) zu dem Laden. Um dort regelmässig einkaufen zu können, nimmt man an einem Willkommenstreffen teil, zeichnet mindestens einen Anteil à 100 Euro und arbeitet drei Stunden pro Monat. Aber auch da gibt es Spielraum, das sind wohl Leute, mit denen man reden kann. + +Mein Gegenüber beschrieb den Laden als „Supermarkt voller Lieblingsprodukte“, außerdem gäbe es eine Kinderecke und er wäre eher ein _third place_ als ein reiner Supermarkt — der Laden wurde selbst ohne Besuch also immer sympathischer. Klingt nach einer super Sache, dachte ich, da wollte ich eh nochmal hin, weil sie als einer der wenigen Läden in Berlin noch [Premium Cola](https://premium-kollektiv.de/cola/) verkaufen. + +Am Samstag war ich auf dem Weg zum Bahnhof und habe einen kleinen Umweg gemacht. Der SuperCoop hatte verkaufsoffenen Samstag — und mich überzeugt. Es macht alles einen grundehrlichen Eindruck. Entspannte Leute. Flyer in diversen Sprachen. Arbeitsgruppen. Aufrufe. Ein schwarzes Brett. Lauter Lieblingsprodukte — auch Premium, wenn auch nur in null-drei, aber kein Problem: Es gibt eine Wunschliste für neue Lieblingsprodukte. Relativ leer an einem Samstag Morgen. Ein Bücherregal. Eine Spielecke. Nur Kartenzahlung. Kalte Club Mate 1,35. + +Nach meinem kurzen Besuch bin ich überzeugt. Ich möchte, dass dieser Laden Erfolg hat. Also werde ich [zu einem der Willkommenstreffen](https://www.eventbrite.de/e/supercoop-willkommenstreffen-welcome-session-tickets-169946593837) gehen und einen Anteil zeichnen und meine drei Stunden pro Monat arbeiten. Alles für die Cola, alles für die Coop! + diff --git a/content/2024-07-09_nd_zwo-die-lage.md b/content/2024-07-09_nd_zwo-die-lage.md new file mode 100644 index 0000000..3e516d5 --- /dev/null +++ b/content/2024-07-09_nd_zwo-die-lage.md @@ -0,0 +1,78 @@ ++++ +title = "Die Lage der Publikation" +path = "/nd-zwo/die-lage" +date = 2024-07-09T22:28:00Z ++++ + +Das [nd](https://nd-aktuell.de), ehemals _neues deutschland_, wurde vor mehr als zwei Jahren in eine Genossenschaft umgewandelt. +Seitdem geht es wirtschaftlich bergab und ein "Weiter so wie bisher" fährt die Zeitung in absehbarer Zeit ziemlich sicher gegen die Wand. +Als Linker, aber auch als engagierter Genossenschafter möchte ich das nicht. + +Ich will eine große, eine starke, gute, linke Zeitung. +Eine Zeitung, die Politik macht und fordert. +Eine Zeitung, die auf den Tisch haut und Krawall verursacht. +Eine Zeitung, die ihre Leute gut bezahlen kann. +Aber wie? Woher nehmen? Wie geht es besser weiter? + +Anlässlich der Generalversammlung habe ich mir Gedanken zu einer möglichen Alternative gemacht. +In mehreren Artikeln möchte ich diese Idee entwickeln und vorstellen. Projektname: _nd.zwo_: + +1. Die Lage der Publikation +2. [Was bisher (nicht) geklappt hat](/nd-zwo/lief-nicht) +3. [Und nun? Was tun!](/nd-zwo/was-tun) + + + +-------- + +Zu Beginn ein paar Hinweise: + +1. Ich bin weder Journalist, noch Zeitungsmacher und auch wenn mein Name Gegenteiliges suggeriert, habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Ich habe von Zeitung, Medien und Co. entsprechend wenig Ahnung, aber eine Meinung und mit verschiedenen Leuten gesprochen. Ich möchte, dass sich etwas ändert. +2. Ich schreibe für das _nd_ montags den [Newsletter Muckefuck](https://newsletter.nd-aktuell.de/muckefuck) und werde dafür bezahlt. Außerdem habe ich bei der Appentwicklung ausgeholfen und auch dafür eine (überschaubare) Rechnung gestellt, denn eigentlich bin ich [selbstständiger Programmierer](https://zeitschlag.net/lebenslauf/). +3. Ich besitze zwei Anteile an der nd.Genossenschaft. + +-------- + +## Die Lage der Publikation + +Das _neue deutschland_ ist eine linke Tages- und Wochenzeitung aus Berlin. +Sie sitzt in Friedrichshain im [FMP 1](https://de.wikipedia.org/wiki/Verlagsgebäude_Neues_Deutschland) und ist wirtschaftlich mal wieder kurz vor dem Ende — oder immer noch? +Die Lage ist gelinde gesagt angespannt. + +Nachdem die damalige Geschäftsführung der Belegschaft im Februar 2021 mitteilte, dass die _Neues Deutschland Druckerei und Verlags GmbH_ zum 31. Dezember 2021 aufgelöst werden würde, gründete sich die _nd.Genossenschaft_, in die Zeitung und Belegschaft überführt wurden. +Die Anteile an der Immobilie _FMP 1_ hingegen sind nicht in das Eigentum der Genossenschaft übergegangen, sondern wurden 2021 verkauft. +Zufall? Anders als die _taz_ sitzt das _nd_ deshalb jedenfalls nicht auf Betongold und hat auch sonst kein substanzielles Vermögen. +Ironischerweise berichtete gerade die _taz_ vor einigen Jahren [zu genau diesem Thema](https://taz.de/Neues-Deutschland-Auflage-broeckelt/!5504099/). + +Gesellschafter der GmbH war damals unter anderem die Partei _Die Linke_, weswegen die Belegschaft mithilfe von ver.di vor einem Parteitag demonstrierte und Flyer verteilte. +Die Gewerkschaft schrieb: + +> Der Aufbau einer Genossenschaft braucht Zeit und Geld. Ein Betrieb funktioniert nicht von heute auf morgen genossenschaftlich. + +Die andere Hälfte der Zeitung gehörte zu einem großen Teil [Matthias Schindler](https://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Schindler_(Manager)). +Im obrigen _taz_-Artikel wird er übrigens mit den Worten zitiert: + +> Ich glaube an das ND und will es erhalten. + +Die Altgesellschafter versprachen, die Genossenschaft über mehrere Jahre hinweg mit Zahlungen zu unterstützen, und hielten Wort. + +2022 wurde mit einem Verlust von rund 701.000 Euro abgeschlossen, 2023 waren es nach einer Rettungsaktion, dem Verzicht der Belegschaft auf das Weihnachtsgeld und anderen Sparmaßnahmen „nur“ rund 409.000 Euro. +Und auch für 2024 rechnet man mit einem Jahresfehlbetrag von etwa 225.000 Euro, plus minus. +Viel Geld. +Der Aufsichtsrat nennt die Lage „nach wie vor außerordentlich ernst“. + +Weil linker Journalismus wichtig ist und eine linke Zeitung mehr besser als eine weniger, beteiligte auch ich mich damals mit einem Anteil in Höhe von 500 Euro, später einem weiteren. +Ich war und bin ehrlich gesagt stolz darauf, einen Teil dieser Zeitung zu besitzen: Der Genossenschaftsanteil hängt gerahmt über meinem Schreibtisch. + +Und es ging offenbar nicht nur mir so. +Zum 31.12.2023 haben 1.267 Mitglieder Anteile in Höhe von rund 1,16 Millionen Euro gezeichnet. +Das Problem: Diesem Eigenkapital gegenüber stehen besagte Verluste, etwa 1,11 Millionen Euro. +Mit anderen Worten: Da wurde gut Geld verbrannt, vom Eigenkapital sind noch um die 50.000 Euro vorhanden. + +Wenn nicht ein Wunder geschieht, ist das Eigenkapital zum Ende des Jahres aufgebraucht. +Woher bekommt man bis dahin die fehlenden ~175.000 Euro, damit man zumindest auf dem Papier nicht insolvent ist? + +Der Vorstand hofft auf neue Anteile in entsprechender Höhe, ich bin davon weder überzeugt, noch hoffnungsvoll. +500 Euro pro Anteil sind richtig viel Geld, die Zeiten sind hart und mangels einer Perspektive bin ich ehrlich gesagt auch nicht bereit, einen weiteren Anteil zu zeichnen. + +[Was wurde bisher versucht?](/nd-zwo/lief-nicht) \ No newline at end of file diff --git a/content/2024_06_19-lesen.md b/content/2024_06_19-lesen.md index d2b7441..eaa33bc 100644 --- a/content/2024_06_19-lesen.md +++ b/content/2024_06_19-lesen.md @@ -4,7 +4,7 @@ slug = "ki-nein-danke" date = 2024-06-19T11:27:00Z +++ -dass man sogenannter ki in diesem haushalt eher kritisch gegenübersteht, überrascht wohl niemanden. kapitalismus war schon immer scheisse und unmenschlich und das gilt auch für gehypten kapitalismus. vor einigen monaten telefonierte ich mit einem freund, der mir von seinen positiven erfahrungen mit github copilot erzählte. dieses tool würde ihm viel "unnötige" arbeit abnehmen, weswegen er sich auf die wirklich interessanten probleme konzentrieren könne. +dass man sogenannter ki in diesem haushalt eher kritisch gegenübersteht, überrascht wohl niemanden. kapitalismus war schon immer scheisse und unmenschlich und das gilt auch für gehypten kapitalismus. vor einigen monaten telefonierte ich mit einem freund, der mir von seinen positiven erfahrungen mit github copilot erzählte. dieses tool würde ihm viel „unnötige“ arbeit abnehmen, weswegen er sich auf die wirklich interessanten probleme konzentrieren könne. ich glaube, dass auch vermeintlich unnötige arbeit ihre daseinsberechtigung und ihren wert hat. auch wenn sie nervig erscheint, gibt es keine abkürzungen und manche sachen muss man einfach erledigen. das ist in ordnung. das vergiftete versprechen von ki, uns von unnötiger arbeit zu befreien: bullshit. diff --git a/content/nd-zwo/2_probleme.md b/content/nd-zwo/2_probleme.md new file mode 100644 index 0000000..e0efee2 --- /dev/null +++ b/content/nd-zwo/2_probleme.md @@ -0,0 +1,85 @@ ++++ +title = "Was bisher (nicht) geklappt hat" +path = "/nd-zwo/lief-nicht" +date = 2024-07-09T22:28:00Z ++++ + +Nachdem es im ersten Teil um den aktuellen Stand ging, möchte ich in diesem Artikel darauf eingehen, was probiert wurde und warum es nicht geklappt hat. + +1. [Die Lage der Publikation](/nd-zwo-die-lage/) +2. Was bisher (nicht) geklappt hat +3. [Und nun? Was tun!](/nd-zwo/was-tun/) + + + +## Was bisher geschah + +Zeitungen leben für gewöhnlich davon, Werbung, Gossip und Kreuzworträtsel zu verkaufen, die Journalismus querfinanzieren, wie [Michael Seemann es auf Mastodon formulierte](https://fnordon.de/@mspro/112665708549765732). Christian Fahrenbach bezeichnete die _New York Times_ [im Podcast mit Holgi](https://uebermedien.de/96410/worum-geht-es-beim-skandal-der-washington-post/) als „Gaming Studio mit Kochbuchabteilung und so'n bisschen Nachrichten“. +Für Inhalte hingegen legt man bei Alternativen wie [_Table.Media_](https://table.media) — sicherlich eine andere Zielgruppe — gleich mal richtig Geld auf den Tisch. +Nur: Im _nd_ gibt es kaum Werbung und mit Sudoku und Nachrichten alleine [verdient man kein Geld](https://bullenscheisse.de/2018-11-15-zeitungen/). + +Stattdessen gibt es das _nd_ noch, weil Print-Abonnent\*innen der Zeitung treu bleiben und/oder vergessen, ihr Abo zu kündigen. +Das Problem: Sie sind alt und sterben. +Die Hoffnung: Mehr junge Leute schliessen ein Digital-Abo ab — für mindestens 15 Euro im Monat. +15 Euro pro Monat sind für eine App sehr viel Geld. +Netflix verlangt 14 Euro. + +Während die _Junge Welt_ beispielsweise konsequent auf Papier setzt und eine Printstrategie fährt, kann es sich das _nd_ schlicht und ergreifend nicht mehr leisten, jeden Tag eine gedruckte Zeitung zu produzieren. +Deshalb gibt es den Plan, die Zeitung Stück für Stück zu digitalisieren, damit man wenigstens am Wochenende noch eine Zeitung im Briefkasten hat. +Dieser Prozess geschieht sehr langsam, vielleicht zu langsam, während das Eigenkapital munter weiter schmilzt. +Selbst bei der _taz_ ist eine vollständige Digitalisierung angekündigt, bisher aber noch nicht umgesetzt. + +Seit Anfang des Jahres wurde in [Zusammenarbeit](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181948.homestory-app-nd-digital-neues-aus-der-postkapitalistischen-zukunft.html) mit der schweizer Wochenzeitung _woz_ mit [nd.digital](https://genossenschaft.nd-aktuell.de/digital) besagte App für die Digitalisierung entwickelt. +Seit Mai wird die Montagsausgabe durch sie ersetzt. +Weitere Wochentage sollen — und werden — folgen, aber eben immer nur peu à peu. + +Um gerade dem älteren Publikum den Umstieg zu erleichtern, gibt es unter anderem eine Hotline und [regelmässige Hilfsangebote im _FMP 1_](https://www.nd-aktuell.de/termine/90885.html). +Ob und wie die Print-Abonnent\*innen gerade die weitere Digitalisierung mitmachen, steht in den Sternen, die Downloadzahlen sind überschaubar. +Gleichzeitig sind nahezu alle Artikel kostenlos auf der Webseite des _nd_ zugänglich. +Warum dann also 15, 20 Euro für ein Abo ausgeben und nicht für Netflix? + +## nd.Dreitausend + +Das _nd_ braucht Geld, braucht neue Digital-Abonnent\*innen. Weil die nicht einfach vom Himmel fallen oder auf Bäumen wachsen, hat die Redaktion die Kampagne [_nd.Dreitausend_](https://genossenschaft.nd-aktuell.de/nd-dreitausend) entwickelt. Das Ziel: 3.000 neue Digital-Abos. +Der Weg: Engagierte Leser\*innen sollen in ihrem Bekanntenkreis für das _nd_ werben und können die Kampagne mit Sharepics in den sozialen Medien unterstützen. +In den angestrebten Verlusten für 2024 von mehr als 200.000 Euro sind 2.000 Abos übrigens schon eingepreist. + +Die Hoffnung ist, dass die Menschen das _nd_ als Debattenmedium, als Stimme der Linken, als Infrastruktur begreifen und sich solidarisch an der Finanzierung beteiligen, als wäre sie eine Stadtbücherei. Ein schöner Gedanke, aber realistisch? Ich habe Zweifel. + +Das anekdotische Feedback meines Bekanntenkreises reicht übrigens von „15 Euro sind viel zu viel“ bis zu „Das _nd_ ist objektiv betrachtet keine gute Zeitung. Da kann jede\*r schreiben und das merkt man. Außerdem streiten sich die Leute die ganze Zeit unmoderiert.“ +Die ZEIT beispielsweise mache das mit ihrem Streitressort wesentlich besser. + +Doch nicht nur das Geld ist knapp, es mangelt auch an Leuten, die einfach Arbeit erledigen. +Sich beteiligen. +Ja, auch unbezahlt. +Bei mehr als 1.200 Genoss\*innen wundert mich das ein bisschen. + +Das _nd_ will einen Journalismus _von_ links bieten, gleichzeitig aber Nachrichten verkaufen, bei denen eine gedruckte Zeitung 2024 naturgemäß hinterherläuft. +Mir drängt sich auch der Eindruck auf, dass es bisweilen eher Journalismus _über_ links ist: Das _nd_ ist eine Zeitung der Redaktion für die Redaktion, eine Zeitung für Genoss\*innen, die sich für teuer Geld eingekauft haben. +Von den Mitarbeiter\*innen des _nd_ haben übrigens nicht alle Anteile: Viele können sich die 500 Euro schlicht nicht leisten. +Auf der letzten Generalversammlung bezeichnete es jemand so: + +> Man kann es sich nur leisten, beim _nd_ zu arbeiten, wenn der Partner, die Partnerin gut verdienen. + +Die anvisierte Zielgruppe "Links" ist weiterhin extrem schwammig und jetzt auch nicht unbedingt für tiefe Geldbeutel bekannt. + +## Dilemmata und Probleme + +Das _nd_ ist in absehbarer Zeit nicht mehr, wenn es so weitermacht, wie bisher. +Aus dieser bitteren Wahrheit erwächst allerdings auch eine riesengroße Chance: Man kann machen, was man will. +Und diese Freiheit, diese Chance kann man nutzen. + +In den letzen Monaten wurde ich mehrmals daran erinnert, dass das _nd_ ein durchaus innovatives Unternehmen ist, sein muss. +Es bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Erste Schritte im Journalismus zu wagen. +Neue Konzepte zu erproben. +Bewähren sie sich, erwächst daraus das nächste Problem: Andere Medien winken mit Geld und weg sind sie. + +Man sieht die [Notwendigkeit der Veränderung](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183187.nd-genossenschaft-licht-am-ende-des-tunnels.html), will, muss aber so lange wie möglich weiter machen wie bisher. +Lauter Dilemmata. +Nichts Halbes, nichts Ganzes. + +Ich sehe Mängelverwaltung, ich sehe wenig Mut zur Veränderung und einzelne Ideen. +Ich sehe Angst und Lethargie und kann das alles nachvollziehen. +Gleichzeitig sehe ich, dass die Zeit abläuft: Das _nd_ steht mit dem Rücken zur Wand und verhält sich wie ein Reh auf einer nächtlichen Landstraße im Scheinwerferlicht. + +[Was tun?](/nd-zwo/was-tun) \ No newline at end of file diff --git a/content/nd-zwo/3_ideen.md b/content/nd-zwo/3_ideen.md new file mode 100644 index 0000000..1241a20 --- /dev/null +++ b/content/nd-zwo/3_ideen.md @@ -0,0 +1,146 @@ ++++ +title = "Und nun? Was tun!" +path = "/nd-zwo/was-tun" +date = 2024-07-09T22:28:00Z ++++ + +Im ersten Teil ging es um die wirtschaftliche Lage, im zweiten Teil ging es um die bisherigen Versuche. +In diesem dritten und letzten Teil zu _nd.zwo_ möchte ich schließlich Bausteine für eine mögliche Lösung skizzieren. + +1. [Die Lage der Publikation](/nd-zwo/die-lage) +2. [Was bisher (nicht) geklappt hat](/nd-zwo/lief-nicht) +3. Und nun? Was tun! + + + +## Das Ziel + +Ich schrieb es bereits im ersten Teil: + +> Ich will eine große, eine starke, gute, linke Zeitung. Eine Zeitung, die Politik macht und fordert. Eine Zeitung, die auf den Tisch haut und Krawall verursacht. Eine Zeitung, die ihre Leute gut bezahlen kann. + +Ein Freund schrieb: + +> Ich will was, was sich Arbeiter\*innen in ihren Whatsapp-Kanälen zuschicken. + +Die Stärke des _nd_ ist nicht tagesaktueller Journalismus. +Es ist zeitloserer Journalismus von gestern, der auch heute und morgen noch relevant — und interessant — ist. +Gute, exklusive, investigative Berichte. +Recherchen wie die zu den [Zuständen in Tegel](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181267.fluechtlinge-ankunftszentrum-in-berlin-tegel-fatale-zustaende-fuer-gefluechtete.html), die vor Gericht ausgefochten werden musste. + +Dabei muss sich _nd_ seiner neuen, potientiellen, jungen Zielgruppe annähern und immer wieder und wieder klarmachen: Journalismus ist nicht umsonst, aber auch nicht kostenlos. +Wer ihn konsumieren will, muss sich beteiligen und bezahlen. +Das widerspricht sicherlich dem linken Ideal von Zugänglichkeit, aber auch eine linke Zeitung existiert nicht im luftleeren Raum. + +## Gründe zu zahlen + +Es braucht handfeste Gründe, zu zahlen. +Ein solcher Grund ist eine bezahlbare, aber harte Paywall. +Ansätze gibt es mit der App bereits, nur unterlaufen der hohe Preis von 15—20 Euro und dass sämtliche Artikel frei zugänglich auf der Webseite stehen, diese Bestrebungen. +Stattdessen lautet mein erster konkreter Vorschlag: Paywall und 5 Euro pro Monat. Fertig. + +Menschen sind solidarisch, sie beteiligen sich gerne. Es ist in Ordnung für sie, zu zahlen. Aber es gibt eine Grenze. +Menschen, die einen Großteil ihres Erwerbslebens hinter sich haben, haben ganz andere finanzielle Möglichkeiten als junge Erwachsene in Zeiten von Krisen, Kriegen, Inflation. +Das ist eine Realität und dafür braucht es ein entsprechendes Angebot. + +Es mag schmerzhaft anmuten, Journalismus quasi verschenken zu müssen, aber gleichzeitig ermöglicht man potentiell mehr Leuten Zugang auf eben diesen Journalismus als zum dreifachen Preis. +Die Leute nehmen eine App wahr. +Sie zahlen nicht (nur) für Journalismus, sondern für eine App. +Und wenn ich für 15—20 Euro pro Monat Netflix oder die Öffentlich-Rechtlichen bekomme, warum soll ich dann die gleiche Summe für eine einzelne, weitere App ausgeben? +Linker Journalismus hin oder her. + +## Links, radikal, konsequent digital + +Abgesehen von Inseraten der Linkspartei und ihrem Umfeld und _Zapf Umzüge_ gibt es kaum Werbung im _nd_, also auch kein Geld. Es müssen die Inhalte _der_ Grund sein, das _nd_ zu lesen und zu bezahlen. Und da ist viel Luft nach oben. + +Anstatt einer klaren Linie zu folgen, ist das _nd_ voller unmoderierter Widersprüche. +Problematische Palästinasolidarität, die auch bei _Klasse gegen Klasse_ oder _junger Welt_ erscheinen könnte, findet dort genauso ihren Platz wie Texte vom anderen Ende des Spektrums. +Auch Putin-Freund\*innen wie Gabriele Krone-Schmalz wird eine Bühne geboten. +Im Redaktionsstatus ist explizit von einem „linkspluralistischen Profil“ die Rede, aber vielleicht geht es dem _nd_ auch deshalb wirtschlaftlich schlecht, weil es einfach keinen Bedarf nach einer linkspluralistischen Zeitung gibt? +Dank _nd.Dreitausend_ sind die Leser\*innen jetzt [selbst in der Verantwortung](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183442.kampagne-digital-abos-fuer-das-nd.html), wenn das _nd_ nicht gerettet werden kann. +Das _nd_ selbst muss bequemerweise also nicht das Konzept, die Zeitung, die Inhalte hinterfragen und anpassen. + +Die _Junge Welt_ ist verlässlich putinfreundlich und palästinasolidarisch. +_Axel Springer_ hat seine [fünf Grundsätze](https://www.axelspringer.com/de/was-uns-ausmacht). +Die muss man nicht teilen, aber dadurch gibt es ein festes Wertegerüst, das dem _nd_ fehlt. +Das _nd_ hingegen will es allen irgendwie recht machen — oder auch nicht — und ist dadurch wischiwaschi, alles und nichts. +Ein Ort der unterschwelligen innerlinken Debatte ohne große Außen- und Auswirkung. +Ein Sturm im Wasserglas. +Ein klares Wertegerüst bedeutet für Verlässlichkeit. + +Dazu kommt: Im _nd_ produzieren älteren Akademiker\*innen eher Journalismus auf Totholz für ältere Akademiker\*innen und möchten damit weitermachen. +Und das, obwohl man junge Leute vom Digital-Abo überzeugen möchte? + +Wo ist der Mut? Warum setzt man nicht konsequent von Montag bis Freitag auf die Digitalausgabe und am Wochenende zusätzlich auf gedrucktes Papier? +Dieser Schritt wird auf lange Sicht eh kommen, ihn vorzuziehen sorgt im schlimmsten Fall lediglich dafür, dass das Unausweichliche früher eintritt. + +## Krawall und Remmidemmi + +Eine digitale Ausgabe hat einen weiteren Vorteil: Man muss nicht krampfhaft Seiten füllen. +Es fällt nicht auf, wenn ein Text mehr oder weniger erscheint, man kann auf Qualität statt Quantität setzen. +Mit einem klaren Wertegerüst bietet das außerdem die Möglichkeit, konsequent Forderungen zu formulieren. +Konsequent linke Politik zu machen. Links der _taz_, weniger verstrahlt als die _Junge Welt_. +Laut sein, populistisch sein, Öffentlichkeit generieren. +Ich glaube, hier gibt es ein großes Potential. + +Tagesaktuelle Nachrichten bekomme ich aus den öffentlich-rechtlichen Medien, dafür brauche ich das _nd_ [nicht](https://tyrol.social/@matthiasdrexel/112717980942060639). +Ich will Hintergründe. +Und ich will kurze, knallige und/oder unterhaltsame Beiträge, gerne auch in anderen Formaten, gerne auch nebeneinander. +Gute Ansätze vom _nd_ dafür sind "[Anarchist\*innen in der Ukraine](https://www.youtube.com/watch?v=lIXRO8LBvCY&list=PL0zPxhlmI6jpSNZ1WVW2Oo02zWQxmmHZM)" oder auch die "[Rote Brause](https://www.nd-aktuell.de/podcasts/rote-brause)". + +Ich will mehr Kooperationen, national und international. +Inhalte und Perspektiven, die ich sonst nicht sehen würde. +_Der Freitag_ arbeitet mit dem _Guardian_ zusammen, das [_nd_ neuerdings mit _il manifesto_](https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183174.italienische-linke-direktor-von-il-manifesto-opposition-geht-einfacher.html). +Ein guter Anfang, aber hoffentlich nicht das Ende. +Nur scheinen gerade linke Medien in Deutschland einer Zusammenarbeit gegenüber nicht besonders aufgeschlossen. + +## nd.zwo + +Mir ist bewusst, dass das bisweilen fundamentale Brüche mit dem _nd_ wären. +Und ob das Gesamtpaket aus bezahlbarem Preis und guten Inhalten ausreichen, um auch kurzfristig (genug) Geld zu erwirtschaften und Gehälter zu bezahlen, ist fraglich. + +Aber wann wäre angesichts der desolaten wirtschaftlichen Situation des _nd_ eine bessere Gelegenheit, ein besserer Zeitpunkt, das in Erfahrung zu bringen? +Als Kontrast zum „Weiter so!“ ein „Anders!“, das eine Perspektive bietet. +Vorwärts immer, rückwärts nimmer. +Noch ist Zeit, Alternativen auszuprobieren, den Print-Abonnent\*innen sei Dank. + +Und hier kommt _nd.zwo_ ins Spiel. +Journalismus mit Wumms und Haltung von links für Junge und für Arbeiter\*innen. +Wenn sich die Änderungen nicht im _nd_ umsetzen lassen, dann vielleicht daneben, ganz gleich ob unter dem Dach des _nd_ oder eigenständig als Kollektivbetrieb. + +Ein [Ghost](https://tryghost.org) inklusive Paywall und API ist schnell aufgesetzt, ein einfaches Design mit überschaubarem Aufwand darübergelegt. +Mit dem _nd.digital_ gibt es ebenfalls eine App, die man anpassen kann. +Pragmatismus statt Perfektion, aber gleichzeitig Qualität statt Quantität. +Fehlt das Wichtigste: Gute, knallige Inhalte. Journalismus. +Menschen, die diese Inhalte erstellen. +Menschen, die Arbeit erledigen und sich einbringen. +Vielleicht braucht es unter der Woche dann andere Kompetenzen, aber die lassen sich erwerben und erlernen, auch wenn das leichter gesagt als getan ist. + +Vielleicht eine [Mastodon-Instanz für die Belegschaft](https://chaos.social/@zeitschlag/112721005114273189), um die Botschaft in die Welt zu tragen. +Überhaupt: Investiert in Community. Baut sie auf. +Biete günstigere Anteile an. +Geht digital raus, sprecht mit Leute! +Ja, leider auch in die Schmuddelecken des Kapitalismus, die digitalen Einkaufszentren: Instagram, TikTok, Telegram. +Macht es selbst und überlasst es nicht den Leser\*innen. + +Ob das reicht? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht. +Aber man hat etwas, mit dem man notfalls wie ein Phoenix aus der Asche einer Insolvenz erwachsen könnte. +Etwas, auf dem man auch aufbauen und wachsen kann. + +## Was tun! + +Vor der Generalversammlung im Juni 2024 habe ich ganz bewusst keinen dritten Anteil gezeichnet, weil ich den Plan vom Vorstand hören wollte, wie es weitergeht: +Ich habe ihn nicht wahrgenommen. +Es gibt keine Vision, stattdessen die Prinzipien „Hoffnung“ und „Weiter so“”. + +Der Plan _nd.zwo_ ist sicherlich riskant, aber es ist mir ein Bedürfnis, einen Weg mit Schritten zu skizzieren und zur Debatte zu stellen. +Ich möchte für Mut, Tatendrang und einen Ruck sorgen +Und ich möchte besonders dem Vorstand zurufen: Traut euch! + +Denn in einem sind wir uns sicher einig: Es braucht eine starke linke Zeitung, eine Zeitung mit Haltung in diesen Zeiten. +Und es muss sich etwas verändern. +Wenn man nichts tut, gibt es demnächst eine linke Zeitung weniger. + +------- + +Ich freue mich über euer Feedback, eure Kommentare und (gemeinsame) nächste Schritte. Ihr erreicht mich auf [Mastodon](https://chaos.social/@zeitschlag) oder über bekannte Mailadressen. Danke fürs Lesen. \ No newline at end of file